Kurz:

Liam Neeson auf einem Rachefeldzug. Zzzzzz? Nöööö, „Cold Pursuit“ ist überraschend frisch und humorvoll!

Lang:

Wer die Kinolandschaft etwas verfolgt hat sicherlich mitbekommen, dass Rachefilme in den vergangenen 10 Jahren stark im Trend waren. Solche Filme wie „Taken“, „The Equalizer“ und „John Wick“ haben dabei bereits schon zwei bis drei Fortsetzungen. Die Handlung ist dabei meistens sehr ähnlich: An einem älteren, oft harmlos wirkenden Mann wird ein grosses Unrecht verübt (oder an jemandem, der ihm nahesteht), worauf sich dieser an den Bösewichten rächt. Einer der ganz grossen Stars dieser „Revenge-Porn“-Flicks ist dabei eindeutig „Taken“-Star Liam Neeson.

So folgt auch Neesons neuster Film „Cold Pursuit“ dieser bekannten Formel, erscheint dabei aber in einem überraschend neuem Gewand. Bei „Cold Pursuit“ handelt es sich um das Remake der norwegischen Action-Komödie „In Order of Disappearace“ (im norwegischen Original „Kraftidioten“), wurde aber vom gleichen Regisseur, Hans Petter Moland, gedreht.

Rache als Urtrieb

Vorab (leider) noch etwas zur Kontroverse, die den Film zum Kinostart begleitetet: An einem Presseevent für den Film erzählte Liam Neeson einem Journalisten, dass er, wie seine Figur im Film, in seiner Vergangenheit selbst schon einem solchen Racheinstinkt verfallen war. So habe er er vor fast vierzig Jahren, nachdem ihm eine Freundin von ihrer Vergewaltigung erzählt hatte, die Strasse patroulliert, um den vermeintlichen schwarzen Täter beziehungsweise einen anderen „black bastard“ (mit Neesons eigenen Worten) zu töten. Nach rund einer Woche habe er aber bemerkt, wie schrecklich sein Verhalten war und sich dafür geschämt. Die Reaktionen auf dieses Interview liessen nicht lange auf sich warten: Als Folge wurde etwa der Rote-Teppich-Empfang in New York für das Filmteam abgesagt. Möglicherweise führte dies auch dazu, dass „Cold Pursuit“ das schlechteste Eröffnungswochenendes eines Liam Neeson Action-Filmes seit dem Jahr 1990 hatte.

Diese Kontroverse um Liam Neeson könnte somit (besonders mit Blick auf andere, in Skandale verwickelte Schauspieler wie etwa Kevin Spacey) durchaus auch langfristige Konsequenzen für Liam Neesons Filmkarriere haben…

Doch wie steht es um den Film an sich? Lohnt es sich überhaupt, Liam Neesons vielleicht letzten Actionfilm im Kino zu sehen?

Ein Wikinger, ein Indianer und ein Eskimo gehen in eine Bar..

Wie so oft in solchen Rachefilmen ist am Anfang alles noch in Ordnung. So muss erstmal eine heile Welt zerstört werden, um die Racherrädchen in Gang zu bringen… Der Film dreht sich um Nelson Coxman (Liam Neeson), ein Schneepflugfahrer im touristischen Städchen Kehoe in den Rocky Mountains, einige Fahrstunden von Denver, Colorado, entfernt. Kaum wird er zum „Bürger des Jahres“ gewählt, stirbt schon sein Sohn an einer Überdosis Heroin. Per Zufall gerät er dabei auf die Spuren von Drogendealern und beginnt, sich an den Hintermännern des Drogenkartells zu rächen. Durch ein Missverständnis kommt es dabei auch noch zu einem Krieg zwischen verschiedenen Drogenbossen und das Chaos ist perfekt.

Spannenderweise dreht sich der Film dabei nicht nur um das Schicksal von Liam Neesons Figur. So kann man bei „Cold Pursuit“ schon fast von einem Ensemble Cast sprechen: Wichtige Rollen und auch dementsprechend On-Screen-Zeit nehmen auch Denver Drogenboss „Viking“ (Tom Bateman) und seine Bande (unter anderem Domenick Lombardozzi und Raoul Trujillo), die regionalen Indiander-Drogendealer um „White Bull“ (Tom Jackson) und die beiden lokale Polizisten (John Doman und Aleks Paunovic) ein. Weitere Nebenfiguren wie unter anderem Nelson Coxmans Bruder „Wingman“ (William Forsythe) und Attentäter „The Eskimo“ (Arnold Pinnock) ergänzen den bunten Cast dabei noch weiter.

Einige Nebenfiguren bleiben im Film zwar recht eindimensional, doch stehen die verschiedenen „Hauptprotagonisten“ gut aus der Masse hervor und sind teilweise richtig schön absurd (wie etwa der Gesundheitsfreak und Drogenboss „Viking“).

Das wichtigste Hervorstellungsmerkmal des Filmes ist eindeutig sein schwarzer Humor. Schnell wird klar, dass sich der Film selbst nicht so ernst nimmt. So werden auch gerne mal sehr ernste und dramatische Szene ins Lächerliche gezogen oder etwa über die kuriosen Gangsternamen wie „Limbo“, „Speedo“ und „Viking“ (die dem Leser sicherlich auch bereits aufgefallen sind) reflektiert.

Mit diesem selbstbewusstem Humor erinnert der Film dabei zeitweise sogar mehr an Filme wie „Fargo“ oder „In Bruges“ als an ein genretypisches „Taken“. So erreicht „Cold Pursuit“ zwar nicht den Kultstatus dieser Filme, ist aber ein sehr unterhaltsamer (und, nicht zu vergessen, auch äusserst brutaler) Actionfilm mit einer fantastischen Portion schwarzem Humor.

Fazit:

Tolle dunkle Action-“Komödie“, die etwas frischen Wind ins Rachebusiness bringt.

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