Kurz:

Lara hat die Haare noch nicht ganz schön.

Lang:

Fünf Gründe, warum man sich den neuen Tomb Raider-Film nicht antun muss. Und einen Grund, warum doch…

Voraussehbare Geschichte

Auch wer die Videospielvorlage nicht kennt oder nicht vertraut ist mit dem Abenteuerfilm-Genre, die Neuverfilmung besitzt eine Story, die so sehr voraussehbar ist, dass es schon weh tut. Die Entwicklung der Figuren ist klar. Der Ausgang der Geschichte ist klar. Die Reise ist klar. Die letzte Filmszene ist klar. Alles ist einfach klar. Es gibt schlichtweg kaum eine Überraschung, die hinter der Ecke auf die Zuschauer wartet. Man kann also ruhig ein Nickerchen im dunklen Kinosaal machen.

Actionszenen, die man sofort vergisst

Lara rennt, springt, kämpft, turnt und stöhnt durch einen oft mit Specialeffects vollgepumpten Dschungel auf einer japanischen Insel auf der Suche nach ihrem verschollenen Vater. Das ist nichts Neues und hat man alles schon viel knackiger inszeniert gesehen. Auch die übertriebene Stakkato-Montage sorgt eher für  Schwindelanfälle, statt für Entzückung. Und wer die Videospielvorlage kennt, klatscht sich mehrmals an die Stirn und kommt sich richtig schön verarscht vor. Spektakuläre Szenen aus dem Videospiel einfach auf das Medium Film übertragen, das geht doch nicht? Doch, das geht!

Ein langweiliger Schurke

Lara Crofts Gegenpart, dessen Name ich bereits schon wieder vergessen habe, ist gelinde gesagt der langweiligste Bösewicht seit langem. Der Typ hat weder Charisma, noch besitzt er eine richtige Motivation auf einer mysteriösen Insel nach einer Leiche zu buddeln. Ja, der ist ganz böse und knallt gerne mal einfach so seine Sklaven über den Haufen. Aber abseits dieser aktiven Handlungsmomente, wo er auch noch verschwörerisch in seinen Bart murmeln darf, macht der nichts, rein gar nichts, was in Erinnerung bleibt. Ach ja, Vogel heisst der Typ!

Dumme, richtig dumme Szenen

Nein, spoilern werde ich nicht, aber der neue „Tomb Raider“ hat so viele dumme Szenen, dass man im Kino schreien möchte. Ok, hier trotzdem ein Beispiel. Zu Beginn des Films wird eine Schnitzeljagd quer durch London präsentiert. Auf Fahrrädern! Lara Croft fährt zu Beginn Fahrrad. Warum setzt man diese agile Akrobatin auf einen Drahtesel? Warum lässt man sie nicht in bester Parcours-Manier durch Londons Hinterhöfe springen und hüpfen? Das Gute würde so nahe liegen. Aber das Drehbuch ist einfach nur ein Arschloch.

Lara Croft und ihre Gefühlsschwankungen

Die Entwicklung dieser Abenteuerin geht einfach viel zu schnell. Eben noch hat sie brav Essen auf dem Fahrrad ausgeliefert und schon suhlt sie sich später im Dschungelschlamm und tötet zum ersten Mal einen Menschen. Ok, das geht ihr im ersten Moment sichtlich nahe, aber schon in der nächsten Szene löchert sie böse Buben mit Pfeil und Bogen, als wäre es ein schicker Freizeitspass. Plötzlich ist sie taff wie Eisen und killt ohne mit der Wimper zu zucken diverse Menschenkinder. Ohhhkeyyy…

Aber…

Auf der anderen Seite ist die neue Lara Croft (Oscarpreisträgerin Alicia Vikander) eine realistischere, bodenständigere Version, als es noch Angelina Jolie vor mehr als 15 Jahren war. Frau Croft ist keine oberflächliche Heldin mehr, die wild um sich ballert und dabei mit ihren Brüsten für Aufmerksamkeit sorgen muss. Die neue Lara ist hart im nehmen, zieht ihr Ding durch und bleibt trotzdem noch verletzlich. Die neue Lara Croft, die auch einfach mal Dreck frisst, ist eine Wohltat und auch eine Bereicherung für das Abenteuer-Genre.

 

Fazit: 

„Das ist nicht meine Lara!“, möchte man ununterbrochen im Kino schreien. Dieser Ausbruch der Gefühle hat jedoch nichts mit dem äusseren, taffen Erscheinungsbild zu tun. Im Gegenteil, die neue Madame Croft gefällt. Nur ihre zu schnelle Charakterentwicklung ist unlogisch und nimmt der Figur die Tiefe, die sie benötigen würde, um eine ausgearbeitete Heldenmotivation präsentieren zu dürfen. Hier erkennt man wieder das Hauptproblem von Videospielverfilmungen: Während man in der digitalen Welt viele Stunden damit verbringt einen Charakter zu begleiten und ihm oder ihr den nötigen Raum gibt, sich zu entfalten, wird in einem zweistündigen Kinowerk alles einfach hineingestopft. So auch hier. Schade, denn die Lara hätte es eigentlich drauf.

 

2 von 5 Rossschwänzen

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One thought on “Tomb Raider (2018)

  1. Vielleicht sollte ich gleich mal vorwegschicken, dass ich das Computerspiel nie gespielt habe und dass ich mich abgesehen von den beiden Angelina-Jolie-als-Croft-Verfilmungen kaum mit der Materie beschäftigt habe. Mir hat der Film erstaunlich gut gefallen. Als Kritikpunkt die Vorhersehbarkeit anzuführen, mag zwar gerechtfertigt sein, aber mir persönlich war das nicht wichtig. Auch eine vorhersehbare Geschichte kann unterhalten. Noch dazu wenn Alicia Vikander mitspielt. Und wenn die Action gut ist. Mich hat der Film positiv überrascht.

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