Review:

Kurz:

Bruderpaar trinkt Bier, bekämpft ausserirdische Killerameisen und legt Jacke in Kühlschrank. Oder so.

Lang:

Der Schluss-Screen von „Things“ sagt alles: “ You have experienced Things“ strahlt dort in Grossbuchstaben auf der Leinwand. „Experienced“ umschreibt aber nur die Spitze des Eisbergs, denn wer sich „Things“ über seine ganze Laufzeit antut, durchfährt eine sehr wirre, stets traumatische Achterbahnfahrt. Hier reicht das Gefühlsspektrum von „totaler Abneigung“ über „ungläubiges Stauen“ bis hin zu „totaler Hingabe“, meist flankiert durch einen immensen Ausstoss an unzählbaren, masochistisch veranlagten Glückshormonen. 

„Things“ wirkt, als hätte sich der Chefarzt einer Irrenanstalt entschlossen als Beschäftigungsprogramm mit den geisteskränksten Insassen einen Horror-Film zu produzieren. Hier fehlt jede Spur von Normalität oder Menschlichkeit, jeder Beteiligte ist jenseits von Gut und Böse und entsprechend der Film absolut meschugge. Warum legt der Typ seine Jacke in den Kühlschrank? Wieso soll dieses hässliche Bild ein Geschenk der Queen of England sein? Und was für Viecher krabbeln hier über den Boden? WTF?!? „Things“ ist derart übel, dass er dich mit seinem Wahnsinn unweigerlich in den Bann zieht. 

Wie steht’s um die Handlung? Noch bevor die goldig (!) gefärbten Titelkarten erscheinen, wirft uns Regisseur Andrew Jordan eine vermeintliche Traumsequenz vor den Latz, in welcher sich ein schleimiger Nerd namens Doug (Doug Bunston) an den nackten Brüsten eines Mädchens vergreift, ihr seinen anscheinend innigen Kinderwunsch ins Ohr flüstert, worauf sie nur sonderbar kichert, einen Kinderwagen hervorkramt, aus welchem dann eine winzige Klauenhand hervorwinkt. Ach ja, das Mädchen trägt bis auf die Panties nur eine Teufelsmaske. Schnitt. Aus. Kein weiterer Erklärungsbedarf nötig? Anscheinend nö. Doug wacht auf und kriegt kurz darauf in seiner Waldhütte Besuch seines Bruders Don („Mr Things“ Barry J. Gillis) und dessen Trinkkumpel Fred (Bruce Roach). Die drei Hillbillies kämpfen sich anschliessend durch satanische Bücher, höllische Fehlgeburten, abgetrennte Gliedmassen, in Kühlschrank gelagerte Tonbandgeräte, Plastik-Fische, psychotische Doktorspiele, hässliche Weissbrot-Sandwiches, Alien-Chest-Burst-Verschnitte, spontane Selbstentzündungen, Handpuppen-Killerameisen, Kettensägen und den Song „You Got Yourself in a Tailspin“, der Band Family Stangers (mit Bruce Roach am Keyboard).

Der 1989 von Barry J. Gillis (Author und Hauptdarsteller) und Andrew Jordan (Author und Regisseur) verbrochene independent Horror-Exploitation-Streifen, präsentiert uns nicht nur Filmkunst von einem anderen Stern, sondern auch das Spielfilmdebüt der 80er-Pornqueen Amber Lynn, welche sich in ihrer Rolle als Nachrichtensprecherin nicht mal ansatzweise die Mühe macht, ihren Blick von den erstaunlich abseits der Kamera platzierten Textkarten abzuwenden. Muss ja auch mal gesagt werden.

Dass sich Gillis/Jordan in ihrer Freizeit gerne Horrorfilme reinziehen, ist offensichtlich. George Romeros Night of the Living Dead flimmert im Hintergrund über einen TV-Bildschirm und auch The Evil Dead und Last House on the Left schauen mehrmals ums Eck. Die beiden Kanadier haben also ihr Herz definitiv am rechten Fleck. Doch deshalb ist „Things“ noch lange kein guter Film. Im Gegenteil, denn trotz vertraulichen Alien-Ingredienzen, Evil-Dead-Okkultismus und Cronenberg-Mindfuck, ist dieser Billigstreifen anders als alles, was die Menschheit bisher über sich geschehen lassen musste und spätestens als die Killerameisen (?) ausbrechen und der Film dabei weder von seinem ultra-billigem 8mm-Look noch seinen unnatürlichen roten oder blauen Lichttönen abweicht, ist klar, dass hier nichts besser wird. 

Besonders hervorzuheben ist die üble und höchst absurde und sehr willkürlich scheinende ADR-Arbeit. Das nachträgliche Dubbing, welches sich aus nicht definierbaren Gründen teils mitten im Satz mit O-Ton-Aufnahmen duelliert, liefert absolut beste „Best-Worst“-Unterhaltung und liefert dabei einen neuen Benchmark, wenns um verkackte Audiospuren geht. Unpassendes Gestöhne, komplett deplatzierte Dialoge oder ein aufgesetztes Lachen, welches sogar Tommy Wiseau nicht schlechter hinbekommen würde, ja die Audiospur alleine ist das Eintrittsgeld bereits wert.

„Things“ ist meiner Meinung nach ein veritabler „Best Worst“-Klassiker, trotzdem nur für die härtesten der harten Filmmasochisten geeignet. Besonders abschreckend ist nebst der unterirdisch schlechten VHS-Home-Video-Qualität auch das ultra laaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaangsame Erzähltempo. Träger als jede in Ritalin getränkte Schnecke zieht sich der Streifen durch den Morast einer nicht vorhandenen Geschichte und nimmt sich sage und schreibe 20 Minuten Zeit die Protagonisten auf ihrem Weg von der Küche in den Keller zu flankieren, nur dass die beiden dort ohne Auswirkung auf Plot oder Charakter am Sicherungskasten herumfummeln. Na dann.

Fazit:

„Things“ ist richtig derbe Kost. Ob er wirklich als heiliger Gral in den „Best Worst“-Katakomben herumlungern soll, liegt im Auge des Betrachters. Jedenfalls ist der Streifen eine „Erfahrung“, die auf perfide Art und Weise eine bizarre Herrlichkeit entfaltet. Yup, we are “Things-ites”! You?

 

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