Kurz:

Amélie Poulain trifft auf Abe Sapien.

Lang:

Guillermo del Toro (Hellboy, Pan’s Labyrinth) kann sich glücklich schätzen, „The Shape of Water“ wird mit Lob und Preisen überhäuft. Er und sein Team erhielten den Goldenen Löwen von den Filmfestpielen in Venedig, gewannen zwei Golden Globes und sind in 13 Oscar-Kategorien nominiert. Gut gemacht, mexikanischer Peter Jackson!

Die Rahmenhandlung des Streifens lässt sich kurz zusammenfassen: Die etwas einsame Reinigungskraft Elisa entdeckt in einem Hochsicherheitslabor ein mysteriöses, amphibisches Wesen. Schnell merkt sie, dass das „Ding“ mehr menschliche Züge hat, als von den Sicherheitsbeauftragten angenommen wird. Entsprechend muss ein Plan geschmiedet werden, wie das Sumpfmonster aus der Anlage geschmuggelt werden kann, bevor es zu Forschungszwecken wie ein Frosch seziert wird.

Wieso aber diese ganze Aufmerksamkeit für diesen Fantasyfilm? Weil sich jeder Kinogänger gerne verzaubern lässt. „The Shape of Water“ ist ein prachtvolles und malerisches Werk. Als würde man ein Märchen vorgelesen bekommen und dabei ein detailverliebtes und hypnotisierendes Ölgemälde aus der Romantik betrachten. Ja, die grösste Leistung ist die visuelle Kraft, die der Film ausstrahlt. Aber nicht im Sinne von einer epischen Schlacht, wie in The Lord of the Rings: The Two Towers, sondern mit simplem gehaltenen Flair. Farben und deren Nuancen stehen jederzeit im Vordergrund. Besonders auffällig ist die Farbe Grün, deren symbolische Bedeutung sich erst im Verlaufe des Films klärt (Achtet einfach auf den Farbwechsel von Grün auf Rot). Weiter spielt auch die Kameraführung eine zentrale Rolle. Sehr oft ist sie in Bewegung und gibt so dem Bild eine zusätzliche Dynamik. Wir werden durch die Geschichte geführt wie fliessendes Wasser.

Was auch auffällig ist, ist die Liebe zu den Kostümen und Baustil der 60er, sowie die Liebe zu den Hollywood-Filmen der 40er. Die Nostalgie verleiht „The Shape of Water“ einen gewissen Charme.

Die Schauspielleistungen sind auf sehr hohen Niveau. Insbesondere der Beitrag von Sally Hawkins (Happy-Go-Lucky, Maudie) ist beachtlich. Endlich wiedermal eine von Klischées befreite weibliche Hauptrolle, die nicht auf äussere Werte reduziert wird und uns dennoch mit ihrem Lächeln zum Dahinschmelzen bringt. Bemerkenswert wie Hawkins die Leinwand einnimmt, ohne auch nur eine einzige Silbe von sich zu geben.

Inhaltlich ist die Erzählung ein klassisches Märchen: brutal wie die Urfassung eines Grimmmärchens und kitschig wie Die Schöne und das Biest. Wer einen Mysteryfilm erwartet wie Donnie Darko oder Pan’s Labyrinth, welcher die Grenze zwischen Realität und Traum ständig verwischt, wird aber eher enttäuscht werden. Und hier liegt auch der grösste Tadel an „The Shape of Water“: Das Märchen ist zwar zauberhaft, aber gleichzeitig sehr vorhersehbar. Die Charaktere entwickeln sich über die Spielfilmdauer minimal und sie bleiben im Grossen und Ganzen eindimensionale Dramenfiguren.

Fazit:

Ein klassisches und wunderschönes Märchen mit Held, Bösewicht und Geisel. Einfach aus den 60er-Jahren. Optisch ist «The Shape of Water» ein Augenschmaus. Und die Moral der Geschichte? Egal welcher ethischen Gruppe man angehört, welches Geschlecht man besitzt oder welche sexuelle Orientierung man hat, man darf sich nicht unterdrücken lassen.

Share This:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert