Zwei Literaturverfilmungen und ein Poet. Hier ein weiterer Threesome:

Nocturnal Animals (2016)

Mit der Literaturverfilmung des Romans „Tony & Susan“ von Austin Wright bestätigt Fashion-Guru Tom Ford den Erfolg von „A Single Man“ und mausert sich zu einem Regie-Wunderkind. Das Zweitwerk Fords überzeugt auf der ganzen Linie. Analog der Buchvorlage spielt auch „Nocturnal Animals“ auf drei verschiedenen Zeitebenen und genau diese Verschachtelung macht den Film interessant und sehenswert. Im Hier-und-Jetzt langweilt sich Susan (Amy Adams) eingelullt in einer durchgestylten Kunstblase, die Settings sind auf dieser Ebene dermassen akribisch ausgeklügelt, dass sie auch in einem Film von Roy Andersson nicht fehl am Platz gewesen wären. Gefühlsarm und vereinsamt, taucht Susan dann in die zweite Ebene ein. Durch ein von ihrem Ex-Mann Edward (Jake Gyllenhaal) zugeschicktes Manuskript, welches er explizit ihr widmet, konsumiert der Zuschauer plötzlich einen Mix aus texanischem Staub, Gewaltorgien und Rachegelüsten. Die fesselnde Geschichte auf dieser Zeitebene dreht sich um den aus dem Ruder laufenden Trip einer kleinbürgerlichen Familie und weist in ihrer brutalen Dringlichkeit Parallelen zum Feel-Bad-Klassiker „Funny Games“ auf. Und dann wäre dann noch die dritte Ebene, welche die Uhr um 20 Jahre zurück dreht und in Rückblenden den Anfang und das Ende der Beziehung zwischen Edward und Susan beleuchtet. Optisch könnte dieser Handlungsstrang auch von einer klassischen Rom-Com ausgeliehen worden sein. Tönt kompliziert, ist es nicht. Denn mit „Nocturnal Animals“ inszeniert Tom Ford eine einfache Rachestory, welche nur vordergründig komplex ist. Der Film hebt sich aus zweierlei Gründen aus der Masse heraus: 1) die grandiosen Schauspieler, Gyllenhaal, Michael Shannon als rotzender Cop und Aaron Taylor-Johnson als Antagonist verdienen jedes Lob, das sie kriegen und 2) Seamus McGarvey, welcher mit seiner Kameraarbeit tief beeindruckt. Wie McGarvey jedem der drei Handlungssträngen eine eigene Bildsprache und Tonalität gibt, es aber dennoch schafft, daraus ein kohärentes Ganzes zu formen, verdient jeden Respekt. Ein Fest fürs Auge. Eine wunderschön untertriebene Schlusspointe setzt dem Streifen das verdiente Krönchen auf.

 

I Am Not A Serial Killer (2016)

“I Am Not A Serial Killer” beruht auf dem gleichnamigen Buch von Dan Wells. Innert 7 Tagen habe ich die 272 Seiten verschlugen, was einer Meisterleistung für einen Bewegtbild-Junkie wie mir gleicht. Entsprechend konnte ich es kaum erwarten, die filmische Umsetzung der Literaturvorlage reinzuziehen. Und alle Achtung: der Film nimmt die Stärken des Buches 1:1 auf und liefert eine rundum gelungene Adaptation ab. Die Geschichte rund um John Wayne Cleaver (Max Records), ein Teenie, welcher mit eigens aufgestellten Regeln sicherstellt, dass der in ihm schlummernde Serienmörder nicht durchbricht und er niemandem ein Messer in den Rücken rammt, erinnert durch die Empathielosigkeit des Protagonisten an „American Psycho“.  Auch die übernatürlichen Elemente des Buches wurden (glücklicherweise) dezent in Szene gesetzt, so dass „I Am Not A Serial Killer“ nie ins Sci-Fi-Genre kippt, sondern als düsterer und innovativer Thriller begeistert. Die Show stehlen die beiden Schauspieler Max Records („Where the Wild Things Are“) und Christopher Lloyd („Back to the Future“) und ihr Katz-und-Maus-Spiel. Während Records mit einer ausgefeilten Darstellung beweist, dass er das Zeug zur Hollywood-Grösse hat, ist es Lloyd, der nach „Who Framed Roger Rabbit?“ endlich wiedermal den Antagonisten verkörpern darf. Lloyd als Monster ist sicherlich das Highlight des Streifens, Regisseur Billy O’Brien schafft es aber auch diesen Charakter – analog der Literaturvorlage – mehrdimensional zu zeichnen und verleiht dadurch „I Am Not A Serial Killer“ eine herzlich emotionale Note. Ein Geheimtipp.

 

Paterson (2016)

7 Tage

  • 7 Tage im Leben eines Poeten.
  • 7 Tage im Leben eines Busfahrers.
  • Zwei sind eins.
  • Driver mag Wasserfälle.
  • Jarmusch mag simple Geschichten.
  • Simpel und poetisch wollen sie sein. Beide.
  • Genau wie ein Wasserfall.
  • Ein Wasserfall plätschert.
  • Gleichförmig und langweilig.
  • Genau wie Paterson.
  • Paterson der Film, die Stadt, der Typ.
  • Und Jarmusch?
  • Er führt dich bei der Hand.
  • Und grinst dabei schelmisch zum Kritiker.
  • Ihn hat er in der Tasche.
  • Wie immer.
  • Schlecht finden nicht erlaubt.
  • Seine Hand hält dich fest, losreissen geht nicht.
  • Tiere funktionieren immer.
  • Lustige Hunde sowieso.
  • 7 Tage wohin des Weges.
  • Eine Woche ohne Spektakel.
  • Ein unspektakulärer Film.
  • Endlich! So der narzisstische Kritiker.
  • Ein unspektakulärer Film bleibt unspektakulär.
  • Trotzdem irgendwie schön. Finde ich.

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